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Islamisten zwischen Beauty-Bloggern und Pop-Stars

Ästhetische Inszenierung: Der Dschihad als "cooler" Lifestyle

Die Plattform Instagram hat sich zu einem alltäglichen Mittel jugendkultureller Kommunikation entwickelt. Insbesondere als App wird Instagram von Jugendlichen genutzt. Userinnen und User teilen dort kurze Videos, vor allem aber Bilder, die „Momente aus dem eigenen Leben“ besonders ästhetisch in Szene setzen. In einem schicken Look werden zum Beispiel Fotos von Speisen, Make-Up und Outfits der Community präsentiert. Auch Islamisten nutzen den Dienst, in dem sie an die Sehgewohnheiten der Instagram-Userinnen und -User anknüpfen und versuchen, Jugendliche dort mit ihrer Propaganda zu ködern.

Islamisten setzen harmlos wirkende, ästhetisch inszenierte Alltagsbilder gezielt als Köder ein, um Userinnen und User auf ihre Profile zu locken. Gestreut werden diese beispielsweise unter beliebten Hashtags, um auffindbar zu sein und die Reichweite zu erhöhen. "Liken" Jugendliche diese Bilder oder folgen sie dem zugehörigen Profil, werden sie mit anderen ästhetisierten Darstellungen an die islamistische Ideologie herangeführt: z.B. Dschihadisten, die als heroische Kämpfer in Szene gesetzt sind und einen "coolen" Lifestyle vermitteln sollen. Diese Mischung aus Alltagsbildern und dschihadistischen Inhalten enttabuisiert die propagierte Gewalt und lässt sie erstrebenswert erscheinen.

Hashtags und Sprachbarriere? Instagram - Ein Internationaler Dienst

In keinem anderen sozialen Netzwerk werden so viele Hashtags genutzt wie auf Instagram. Diese sind in der Regel auf Englisch, der meistgenutzten Sprache auf der Plattform. Userinnen und User aus der ganzen Welt nutzen diese Hashtags, auch wenn der Beitrag selbst nicht in Englisch geschrieben ist. Beliebte Hashtags wie #TBT ("Throwback Thursday"), der Userinnen und User dazu animiert, donnerstags Fotos aus vergangenen Zeiten zu posten, oder auch #love oder #photooftheday werden genutzt, um eine möglichst hohe Reichweite zu erzielen.

Explore-Feed: Islamisten machen sich "Stöber"-Funktion zunutze

Der zentrale Weg, bei Instagram neue Inhalte zu sehen, ist der Explore-Feed. Dort werden den Userinnen und Usern Bilder und kurze Videoclips von anderen vorgeschlagen. Der Feed speist sich aus dem individuellen Nutzungsverhalten innerhalb des Dienstes. Sucht jemand auf Instagram nach bestimmten Schlagworten rund um das Thema Islam, wer-den daraufhin im Explore-Feed automatisiert Inhalte angezeigt, die mit der Suchanfrage zusammenhängen. Diesen Mechanismus machen sich Islamisten zu Nutze, um ihre Propaganda zu streuen. Dort tauchen nach entsprechenden Suchanfragen wie "Prophet Mohammed" oder "Shahada" (islamisches Glaubensbekenntnis) dann Bilder mit Sinnsprüchen, Zitate islamischer Gelehrter oder historischer Persön-lichkeiten auf, die in den meisten Fällen harmlos sind. Jedoch finden sich dazwischen immer auch solche, die auf islamistische Profile führen.

Wird nach tagesaktuellen, politischen Themen wie dem Syrien-Konflikt oder der vom burmesischen Militär verfolgten muslimischen Volksgruppe Rohingya gesucht, zeigt einem der Explore-Feed beim nächsten Öffnen der Instagram-App Bilder und Videos von Gräueltaten an. Verifizierbare Informationen über Kriegsverbrechen sind es in den seltensten Fällen. Die Darstellungen von toten und schwer verletzten Kindern, von Menschen, die massiver Gewalt ausgesetzt sind, werden in sehr vielen Fällen von Profilen mit einem extremistischen Hintergrund gepostet. Zudem schlägt der Explore-Feed den Rezipienten automatisiert auch explizite dschihadistische Propaganda wie Videos und Bilder der Terror-Organisation "Islamischer Staat" (IS) vor, wenn sie vorher beispielsweise nach „Kalifat“ gesucht haben. So können Userinnen und User auch mit grausamen Darstellungen von Hinrichtungen und Folter auf der Plattform konfrontiert werden.

Story-Funktion: Islamisten nutzen beliebten Feature zum ködern

Instagram bietet stets neue Funktionen wie die sogenannten "Stories". Indem Bilder und Videos aneinander gereiht und in kurzen zeitlichen Abständen automatisiert abgespielt werden, können attraktive Angebote entstehen, die "Geschichten" erzählen. jugendschutz.net beobachtete, dass islamistische Profile diese Instagram-Funktion zur Verbreitung von Propaganda nutzen. Sie greifen damit auf ein Kommunikationsmittel innerhalb des Dienstes zurück, das bei Jugendlichen sehr beliebt ist.
Die "Stories" werden automatisch nach 24 Stunden gelöscht. Dies trägt zur Beliebtheit der Funktion bei, da sich so relativ viele Beiträge veröffentlichen lassen, ohne das eigentliche Profil zu überfrachten. Durch diese Flüchtigkeit ergibt sich, dass sich potentiell jugendgefährdende Inhalte kaum kontrollieren lassen. Für Jugendliche liegt hier ein schwer kalkulierbares Risiko vor, wenn sie mit islamistischen "Stories" konfrontiert werden.

Reichweitenstarke Bilder: Ansprache über Kommentarfunktion

Reichweitenstarke Bilder mit unbedenklichen islamisch-religiösen Inhalten ziehen nicht selten auch "Liker" und Kommentatoren mit extremistischem Gedankengut an. jugendschutz.net beobachtete, wie Akteure aus der deutschen salafistischen Szene besonders beliebte Bilder kommentierten, um die Aufmerksamkeit auf ihre eigenen subtil und jugendaffin gestalteten Profile zu lenken. Zudem versehen Islamisten ihre Bilder und kurzen Videos häufig mit Hashtags, die bei Jugendlichen beliebt sind, beispielsweise mit den Namen bekannter Rapper. Die Inhalte tauchen dann in einem jugendaffinen Umfeld zwischen Beiträgen von und über Pop-Stars auf und es entsteht ein niedrigschwelliger Zugang zur islamistischen Ideologie.

Medienpädagogik: Jugendliche gegen islamisitsche Propagandastrategien wappnen

Junge Userinnen und User müssen insbesondere für subtile Formen islamistischer Propaganda in jugendaffinen Internetdiensten wie Instagram sensibilisiert werden. Im Kontext der Medienerziehung im schulischen und außerschulischen Bereich benötigen sie dazu Handwerkszeug, damit sie die unauffälligen Erscheinungsformen entlarven und den Manipulationsversuchen nicht erliegen. Zudem ist es wichtig, mögliche Verstöße zu melden und hetzerischen Parolen zu widersprechen.

Hilfen zum sicheren Umgang mit Instagram bietet beispielsweise das Angebot www.kompass-social.media von jugendschutz.net. Jugendliche finden dort Einschätzungen zu den Sicherheitseinstellungen, Meldefunktionen und Datenschutzrisiken. Zudem werden die Funktionalitäten des Dienstes vorgestellt und Tipps gegeben, wie sich Risiken minimieren lassen.